22.06.2018

Stimmungsvolle Europameisterschaft der Elite im Hallenradsport


Sollte man jubeln oder lieber über das neue Format diskutieren. Die Besucher der 1. Hallenrad-Europameisterschaften in Wiesbaden votierten mit Sprechchören. „Deutschland, Deutschland“ oder „Hopp Schwyz“ als die BDR-Kunstradfahrer sämtliche fünf Titel gewannen, die Eidgenossen das Radball-Finale erreichten. Eine stimmungsvolle Premiere in Wiesbaden, von der hessischen Landeshauptstadt monetär unterstützt und dank einem Organisationsstab um Johann Ratay sowie 80 Freiwilligen gut umgesetzt. Alle lobten den Ablauf, auch wenn die Gala ein paar Zuschauer mehr verdient gehabt hätte. Damit war man bereits bei der Analyse. Verträgt der Hallenradsport, neben WM und Weltcup, eine alljährliche EM?
Für den BDR zog Marco Rossmann das Fazit: „Zwei Tage voller Überraschungen, sportlich zufriedenstellend, auch wenn eine Euphorie à la WM nicht aufkam. Doch man sollte daran weiterarbeiten.“
Das will Kunstradsport-Bundestrainer Dieter Maute bis zum nächsten Highlight mit Akribie tun. Als „fantastisch“ beschreibt er die Gold-Ausbeute in der schmucken Halle. Und das trotz verletzungsbedingten Ausfällen im Vorfeld. Dass die zweite Garde beim ersten Auftritt auf internationalem Parkett teilweise Nerven zeigte, hält er für normal. „Aus diesen Erfahrungen gilt es die Lehren zu ziehen.“
EM-Titel machen sich gut auf einer sportlichen Vita. Das sieht auch Lukas Kohl so, der in souveräner Manier die Einer-Konkurrenz (vor Debütant Marcel Jüngling aus Hessen) mit 203,95 Punkten gewann, ohne das allerletzte Feeling zu verspüren. Aber dazu ist die Saison, auch durch die neue Weltcupserie, zu eng getaktet. „Es fehlt an Zeit, neue Elemente oder auch einen anderen Ablauf zu testen. Dafür braucht es bis zu acht Wochen.“ Also wird 2018 das bisherige Programm „optimiert“, im Fall des zweimaligen Weltmeisters besonders gelungen. „Weil ich im Gegensatz zu einigen anderen verletzungsfrei geblieben bin.“
Viola Brand, WM-Zweite von Dornbirn, holte im Einer der Frauen ihren ersten großen Titel mit einem Paukenschlag. 186,58 Punkte standen am Ende ihrer Kür auf dem Tableau. Den bisherigen Weltrekord von Lisa Hattemer hauchdünn überboten. „Ich habe die Zahl gesehen und gewusst, was Sache ist.“ Auch die Schwäbin begegnet der Vielfachbelastung mit konsequenter Trainingssteuerung. Iris Schwarzhaupt, mit der höchsten Eingangsnote (192,70) als Mitfavoritin gehandelt, wurde am Ende auf Rang 4 gewertet, zu groß die Aufregung vor 800 Zuschauern.
Die Novizen in der Offenen Klasse, Nina Stapf und Patrick Tisch spürten erstaunlich „wenig Aufregung“,konnten mehrfache Bodenberührungen aber nicht vermeiden. Es reichte dennoch für Gold, Bronze ging an das hessische Paar Sonja Kliehm und Christian Schmidt. Unter den Zuschauern verfolgten die amtierenden Weltmeister Schefold/Hanselmann ebenso wie die Bugner-Brüder, dieses muntere Treiben der Newcomer.
„Nervös wie nie“ umschrieb Lisa Bringsken ihren Einstieg in die Konkurrenz im 2er Frauen. Auf der Fläche war davon wenig zu spüren. Am Ende entschied ein winziges Plus (139,53:139,96) gegenüber Wurth/Nattmann für einen goldenen EM-Tag an der Seite von Schwester Lena. Und weil die hochdotierten Schweizerinnen im Vierer völlig aus dem Takt gerieten, setzte das BDR-Quartett aus Steinhöring den Titelkämpfen die Krone auf.
Das gelang im Radball nur fast. Bronze für Bernd und Gerhard Mlady, die im Halbfinale an den Defensivkünstlern aus der Schweiz scheiterten. „In der Offensive hat uns das Durchschlagsvermögen gefehlt“, so die beiden Franken, im Regenbogentrikot angetreten. Der Titel ging an Österreich, Labsal für die WM-Zweiten Schnetzer/Bröll, in Topform fast unschlagbar.

Klaus Dobbratz

 
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